26. Juni 1928 in Stolp/Pommern; † 15. August 2017 in Berlin
In Heinrich Gemkow haben wir einen hervorragenden Kenner und Interpreten über Werk und Leben von Karl Marx und Friedrich Engels und auch über deren Verwandte und Freunde verloren.
Als stellvertretender Direktor des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der SED, der er ab den 1960er Jahren bis 1990 war, fühlte er sich vor allem für die Marx-Engels-Edition und -Forschung verantwortlich. Zusammen mit den Mitarbeitern der Marx-Engels-Abteilung, des Archivs und der Bibliothek sorgt er umsichtig für das Auffinden wichtiger
Texte und publizierte selbst mit seriösen Einführungen wichtige Dokumente. Er engagierte sich für verständnisvolle und dauerhafte Verbindungen zu internationalen Forschern und Archivaren besonders in der Sowjetunion, in den Niederlanden und in Frankreich. Durch mehrere Publikationen über Marx und Engels setzte er mit großer Menschlichkeit
und hoher literarischer Qualität sehr beachtliche biografische Maßstäbe.
Als junge Mitarbeiterin führte er mich in den Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands ein. Dadurch erweiterte sich mein Wissen über die Kulturpolitik der DDR und deren Akteure aus unterschiedlichen Bevölkerungskreisen. Außerdem erhielt ich Einblick in die Entwicklung von Ortschroniken und in die Anfänge der Regionalgeschichte. Er
selbst gewann durch seine vielseitigen Kenntnisse und Interessen an Kunst und Literatur im Kulturbund sowie in der Pirckheimer-Gesellschaft wertvolle Anregungen und persönliche Kontakte. In diesem Sinne andere Menschen zu begeistern, darin bestand eine seiner großen Stärken. Indem er unter den Einflüssen von Marx und Engels und von weiteren
Persönlichkeiten der Arbeiterbewegung, zum Beispiel von Paul Singer und August Bebel, stets auch die Verbindung von Theorie und Praxis im Auge hatte, setzte er sich für gründliche Kenntnisse über die Entwicklung und Zukunft der Arbeiterbewegung ein.
Er war ein sachkundiger Ratgeber und nachahmenswertes Vorbild für Vermittlung historischer
Kenntnisse und vermochte auf feinsinnige Art Vertrauen und Zuversicht zu wecken. Bis zuletzt meldete er sich mit quellen- und episodenreichen Beiträgen zu Wort. Und er unterzog sich der Mühe, Manuskripte seiner
Freunde kritisch durchzusehen und durch kluge Vorschläge verbessern zu helfen.
Achtungsvoll und stets erfreut verfolgte er neue Forschungs- und Publikationsergebnisse der Historiker aus seinem Freundeskreis, zu dem ich mich über 50 Jahre zählen durfte und bis zuletzt mich seiner freundlichen Zuvorkommenheit erfreute. Den von Eckhard Müller und mir herausgegebenen Band 7/1 und 7/2 der „Gesammelten Werke“ Rosa Luxemburgs, der im März 2017 erschienen ist, hat er herzlich begrüßt.
Annelies Laschitza