Nachruf Klaus Höpcke (27.11.1933-14.10.2023)

Inge Pardon hat in ihrem Erinnerungsbericht – verfasst für die Festschrift 20 Jahre
Förderkreis – festgehalten, dass der erste Verantwortungsträger, den sie für die
Gründung unseres Förderkreises gewonnen hat, Klaus Höpcke war. Mit seinem
Tode haben wir also einen der Gründungsväter unseres Vereins verloren.

Höpckes Gesamtlebenswerk hat anderenorts seine Würdigung erfahren. Wir wollen
es hier bei seinen Verdiensten auf unserem gemeinsamen Tätigkeitsbereich
belassen. Klaus Höpcke, der zu den Einberufern des Außerordentlichen Parteitages
gehörte, mit dem der Erneuerungsprozess von der SED zur Partei des
demokratischen Sozialismus eingeleitet wurde, erschloss sich nunmehr ein ganz
neues Arbeitsfeld. Da er im neugewählten Parteivorstand die Leitung der Kommission
Kultur-, Bildungs- und Wissenschaftspolitik übernahm, erwuchs ihm ein
hohes Maß an Verantwortung für die wissenschaftlichen Institutionen seiner Partei,
nicht zuletzt für die Bewahrung des Zentralen Parteiarchivs und die mit ihm
verbundene Bibliothek, für die Weiterführung der Marx-Engels-Gesamtausgabe.
Von ihm und von Günter Benser wurde die Vorlage für den Beschluss eingereicht,
mit dem das Präsidium des Parteivorstandes die Umbildung des Instituts
für Marxismus-Leninismus in das Institut für Geschichte der Arbeiterbewegung
bestätigte.

Am meisten bedroht sah sich das Zentrale Parteiarchiv. Der am 6. März 1991
gegründete Förderkreis Archiv und Bibliothek zur Geschichte der Arbeiterbewegung
– so lautete zunächst der Vereinsname – wollte sachkundige angesehene
Persönlichkeiten aus dem In- und Ausland gewinnen, die dem Ringen um die
Einbindung von Archiv und Bibliothek in zukunftssichere Strukturen Rückhalt
und Kompetenz zu verleihen vermochten. Das ist dank des Wirkens des Vereinsvorsitzenden
Henryk Skrzypczak auch in beeindruckendem Maße gelungen.
Klaus Höpcke, der von März bis Oktober 1990 der Volkskammer der DDR angehörte,
hat seinen Beitrag als Parlamentarier geleistet und ist im Gleichklang mit
dem Förderkreis unermüdlich Versuchen der Enteignung oder Aufsplitterung der
Bestände entgegengetreten.


Als die Zeit herangereift war, um zwischen den Vertretern des Ministeriums des
Innern sowie des Bundesarchivs und den Bevollmächtigten der PDS die Konditionen
für eine dauerhafte Lösung auszuhandeln, gehörten neben dem Parteivorsitzenden
Gregor Gysi und Klaus Höpcke auch die Leiterin des Zentralen Parteiarchivs
und Initiatorin unseres Förderkreises auch dessen Vorsitzender Henryk Skrzypczak
zu den Verhandlungspartnern. So kam der schließlich von Gregor Gysi und Klaus Höpcke unterzeichnete Vertrag über die Einbringung von Archiv, Bibliothek
und Technischen Werkstätten in die unselbständige Stiftung Archiv der
Parteien und Massenorganisationen im Bundesarchiv (SAPMO-BArch) zustande.
Klaus Höpcke hat in seiner Doppelfunktion als Vertreter der PDS und als unser
Vereinsmitglied dazu seinen konstruktiven Beitrag geleistet. Aus Tagebuchnotizen
Skrzypczaks und Erinnerungen Höpckes lässt sich entnehmen, wie in beider
Zusammenarbeit gegenseitiger Respekt zwischen dem Westberliner Sozialdemokraten
und dem langjährigen Partei- und Staatsfunktionär der DDR gewachsen
ist und sich eine dauerhafte Freundschaft anbahnte.

Klaus Höpcke hat, solange es sein Gesundheitszustand erlaubte, aktiv in unserem
Förderkreis mitgewirkt und dessen Versammlungen mit nützlichen Informationen
und wertvollen Anregungen bereichert. Im Kuratorium der SAPMO-BArch,
dem er fasst drei Jahrzehnte lang angehörte, hat er nicht nur die Verbindungen
zwischen Förderkreis und Stiftung gepflegt, sondern auch Sorge getragen, dass bei
allen Entscheidungen der Satzung der Stiftung und den abgeschlossen Verträgen
Rechnung getragen wird.

Mit unserer Trauer verbindet sich der Dank an unseren Weggefährten Klaus Höpcke.
Günter Benser

Beiträge

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Vortragsreihe anlässlich des Jubiläums „30 Jahre SAPMO“

Gebäude des ehemaligen Instituts für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED in der Torstraße in Berlin-Mitte, ab 1993 erster Dienstsitz der SAPMO
Gebäude des ehemaligen Instituts für Marxismus-Leninismus beim Zentralkomitee der SED in der Torstraße in Berlin-Mitte, ab 1993 erster Dienstsitz der SAPMOQuelle: BArch B198 Bild-00594, Scharpegge, Iris

Die Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (kurz: SAPMO) feierte am 4. Januar 2023 ihr dreißigjähriges Bestehen. Sie verdankt ihre Errichtung einem Kompromiss, der nach der deutschen Wiedervereinigung gefunden wurde, um – ohne die grundlegende Frage der Eigentumsverhältnisse im Detail zu lösen – die Entstehungs- und Sammlungszusammenhänge des Archiv- und Bibliotheksguts der Parteien und Massenorganisationen der DDR zu wahren, dessen fachgerechte Verwahrung und Erschließung zu gewährleisten und die sofortige Benutzung durch Interessierte und Forschende zu ermöglichen (zur Geschichte der SAPMO und ihrer Bestände s. die virtuelle Ausstellung). Seit über dreißig Jahren erfüllt die Stiftung diese Aufgaben nun zur allgemeinen Zufriedenheit, wobei von Anfang an auch die Vermittlung und Diskussion historischer Themen zu ihrem Aufgabenspektrum zählte. Und so kann auch die Vortragsreihe der SAPMO auf eine lange Tradition seit 1993 zurückblicken.

Mit Hilfe ihrer Kooperationspartner, dem Förderkreis Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung e.V. und der Johannes-Sassenbach-Gesellschaft e.V., wurde – nach den Unterbrechungen durch bauliche Maßnahmen und die Corona-Pandemie – für 2023 wieder ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, das in jedem Quartal einen Vortrag vorsieht. Die Referierenden decken dabei ein breites Spektrum an Themen zur Geschichte der DDR und der sozialistischen bzw. der Gewerkschaftsbewegung ab. Was die Vorträge verbindet, ist der Bezug auf die vielfältige Überlieferung, welche die Stiftung und das Bundesarchiv zu diesen unterschiedlichen Themen verwahrt und die die unverzichtbare Quellengrundlage für all diese historischen Forschungen bildet.

Die Vorträge finden im Veranstaltungssaal des Bundesarchivs, Finckensteinallee 63, 12205 Berlin, statt.

Der Eintritt zu den Veranstaltungen ist frei. Nach den Vorträgen (etwa 45 min) wird jeweils Zeit für Fragen und Diskussion sein.

Termine

23.03.2023 | 18:00
Historischer Rekonstruktivismus und Netzwerkforschung
– von den Grenzen archivaliengestützter Biographieforschung am Beispiel von Rosi Wolfstein und Paul Frölich

Dr. Riccardo Altieri
(Johanna-Stahl-Zentrum Würzburg)

Rosi Wolfstein (1888–1987) und Paul Frölich (1884–1953) saßen einige Jahre im Preußischen Landtag bzw. im Reichstag. Die Linkssozialistin und der Linksozialist waren auch publizistisch sehr aktiv und gaben unter anderem die Werke Rosa Luxemburgs heraus. Riccardo Altieri macht ihre Biographien anhand von Quellen aus mehr als 40 Archiven weltweit lebendig und stellt Hilfsmittel vor, um Lücken in der archivalischen Quellenüberlieferung zu überbrücken.

25.05.2023 | 18:00
Skinheads in Ost-Berlin – Maßnahmen der FDJ und staatlicher Akteure in den 1980er Jahren

Dr. Stefan Wellgraf
(Humboldt-Universität zu Berlin)

Seit Mitte der 1980er Jahre rückten Skinheads in der DDR zunehmend ins Visier staatlicher Behörden. Anhand von Archivalien des Bundesarchivs sowie anderer Archive rekonstruiert Stefan Wellgraf den bildungspolitischen Umgang der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und verschiedener staatlicher Akteure mit rechten Subkulturen. Damit liefert er auch historische Erkenntnisse zu den Entstehungsbedingungen des Neonazismus in Ostdeutschland.

07.09.2023 | 18:00
Turnschuhdiplomatie. Die Auslandsarbeit des DDR-Sports am Beispiel Afrikas (1955–1990)

Dr. Daniel Lange
(Deutsch-Namibische Gesellschaft)

Sport war mit all seinen Rekorden und Medaillen ein weltweites Aushängeschild der DDR. Daniel Lange schildert die tragende Rolle der Gewerkschaften beim Aufbau des DDR-Sportsystems und veranschaulicht die internationalen sportpolitischen Beziehungen der DDR nach Afrika. Verschiedene Länderbeispiele zeigen Chancen und Grenzen des Sports als diplomatisches Mittel zum Aufbau freundschaftlicher Beziehungen zu den afrikanischen Ländern in Zeiten der Systemkonkurrenz.

30.11.2023 | 18:00
Interessenvertretung im Kalten Krieg. Die Berliner
Gewerkschaften 1945 – 1961 – 1989

Dr. Henning Fischer
(Historiker)

Wie keine andere Stadt stand Berlin im Brennpunkt des Kalten Krieges. Die deutsch-deutsche Situation bestimmte die Spielregeln für die Berliner Gewerkschaften auf sozial-, tarif- und betriebspolitischem Gebiet. In West-Berlin waren Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und Einzelgewerkschaften, nicht nur Interessenvertretung der Arbeitenden und Konfliktpartei der Tarifpolitik, sondern gemeinsam mit den Unternehmen ‚umzingelt vom Ostblock‘. Im Ostteil agierte der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) unter den besonderen Bedingungen des „doppelten Schaufensters“, in dem man sich dem anderen System präsentierte.

Erläuterungen zum Geschäftsbericht des Vorstandes des Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung für die 32. Jahresmitgliederversammlung am 06. Mai 2023, verfasst am 23. April 2023

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste,

es ist erst acht Monate her, dass wir unsere 31. Jahresmitgliederversammlung im ND-Haus am Franz-Mehring-Platz durchgeführt haben, aber der Vorstand hatte danach beschlossen, aus Praktikabilitätsgründen wieder zum alten Tagungsrhythmus zurück zu kehren. Und das heißt eben, unsere Jahresmitgliederversammlungen mitsamt der vorgeschalteten Vorträge werden im Frühjahr durchgeführt. Für die Geschäftsberichte, aber auch für die Steuererklärung des Vereins, der ja gemeinnützig und deshalb auch an bestimmte Vorgaben gebunden ist, empfiehlt sich diese Praxis. Damit war zwar die Amtsperiode des alten Vorstandes lediglich 20 Monate lang, aber für die Bewältigung der entsprechenden Aufgaben war dies keine Einschränkung.

Was hat sich seit der letzten Jahresmitgliederversammlung am 10. September 2022 verändert? In Sachen Frieden viel zu wenig. Noch immer wird in der Ukraine Krieg geführt. Wird es in den kommenden Monaten wahrscheinlicher, dass diplomatische Initiativen von dritter Seite, z.B. von China oder Brasilien, endlich den Weg an den Verhandlungstisch ebnen helfen könnten? Nichts ist der Wissenschaft zukömmlicher als ein friedlicher Austausch von Erkenntnissen und Argumenten, also ein freier Wissenstransfer, möglichst im Interesse der Menschen bzw. der Menschheit. Jeder Schritt in diese Richtung ist richtig und wichtig!

Für unsere Vereinsarbeit haben sich seither zwei Rahmenbedingungen geändert, Erstens sind alle durch Corona bedingten Restriktionen weggefallen. Wir können also wieder öffentliche Veranstaltungen organisieren und dafür werben. Unsere beiden Veranstaltungen des Jahres 2022, also der Vortrag von Dr. Hans-Rainer Sandvoß im September und das Ehrensymposium für unseren verstorbenen ehemaligen Vorsitzenden Dr. Reiner Zilkenat bildeten den Auftakt dafür, diesen erfolgreichen Bestandteil unserer Arbeit wieder ertragreich aufzunehmen. Der Vortrag von Dr. Riccardo Altieri am 23. März 2023 belegte, dass wir wieder Fahrt aufgenommen haben. Übrigens sprach uns die zum Jahresende scheidende Direktorin der SAPMO, Frau Dr. Walther von Jena, explizit im Jahresbericht der Stiftung den Dank dafür aus, dass unser Förderkreis die Wiederaufnahme der gemeinsamen Vortragsreihe von SAPMO, Förderkreis und Johannes-Sassenbach-Gesellschaft vorangetrieben hat. Wenn wir auf diesem Wege fortfahren, können wir als kleiner Verein wieder größere Aufmerksamkeit erreichen.

Die zweite Änderung betrifft die SAPMO selbst. Im Dezember 2022 übertrugen die Liquidatoren des FDGB ohne Absprache mit der Johannes-Sassenbach-Gesellschaft die Eigentumsrechte des Archivguts des FDGB an das Bundesarchiv. Die Johannes-Sassenbach-Gesellschaft hat dagegen Verwahrung eingelegt, insgesamt wurde – auch von uns – der Vertreterin des BKM und dem Präsidenten des Bundesarchivs gegenüber klargestellt, dass wir dieses Vorgehen für problematisch halten. Ich werde später noch gesondert auf das Geschehene und zu Erwartende in Sachen SAPMO eingehen, aber hier wurden – gewiss nicht unbewusst – viel Porzellan zerschlagen und Fakten geschaffen.

Seit der letzten Jahresmitgliederversammlung erschienen zwei Ausgaben der „Mitteilungen“, nämlich die Hefte 62 und 63. Sie haben beide nach bestem Wissen und Gewissen versucht und überwiegend realisiert, sich an unseren Qualitätsansprüchen zu messen. Das bestätigten uns nicht nur die Rückmeldungen aus der Leser- und Leserinnenschaft. Doch wird es nicht einfacher, neue Archive und Sammlungen aufzufinden, die noch nicht bei uns vorgestellt wurden. Immer stärker verändert auch hier die Digitalisierung die Landschaft. Wir werden immer bestrebt sein, den aktuellen Entwicklungen auf der Spur zu bleiben. Notfalls kann es auch geschehen, dass – wie in Heft 62 – kein externes Archiv oder keine Bibliothek vorgestellt werden wird, wenn ein so großer Überarbeitungsbedarf vorliegt wie in jenem Falle. In diesem Fixpunkt unserer Publizistik hat Kurt Metschies als Redakteur und als Beiratsmitglied seine Spuren hinterlassen. Christoph Stamm konnte nach Kurts Rückzug aus dem „Wissenschaftlichen Beirat“ der „Mitteilungen“ als neues Mitglied mit großer Expertise im Bereich der Archive gewonnen werden. Das wird der Qualität der künftigen Beiträge über Archive und Bibliotheken einen guten Dienst erweisen!

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir haben als Förderkreis die allgemeinen Krisen der letzten Zeit gut überlebt. Das sollte uns Mut machen. Halten wir an unseren Ansprüchen an unsere Arbeit fest, gewinnen wir neue Mitstreiterinnen und Mitstreiter für Verein und „Mitteilungen“, tragen wir unsere Erkenntnisse und Angebote in die interessierte Öffentlichkeit. Es ist die angemessene Mischung aus Kontinuität und Wandel, aus Tradition und Fortschritt, aus Stabilität und Mut, die unseren Förderkreis hat das 30. Lebensjahr überschreiten lassen.

Ich danke Euch für Eure Aufmerksamkeit!

Kommunismusforschung heute. Zum Stand der Stalinismusaufarbeitung, 17. April 2023

Eine Veranstaltung in Kooperation von Helle Panke, der Rosa-Luxemburg-Stiftung und Berliner Debatte Initial.

Kosten: 2,00 Euro

Montag, 17. April 2023, 18:00 bis 20:00 in Berlin • Rosa-Luxemburg-Stiftung, Saal • Straße der Pariser Kommune 8A

Kommunismusforschung heute. Zum Stand der Stalinismusaufarbeitung

Podium mit Irina Scherbakowa, Susanne Schattenberg, Katja Makhotina und Wladislaw Hedeler

GESCHICHTE

Seit dem 24. Februar 2022 sind sämtliche Wissenschaftskontakte zu Russland gekappt. Der Zugang zu den Archiven hat sich erheblich erschwert. Russische HistorikerInnen sind nicht nur ihre westeuropäischen Forschungsbeziehungen weggebrochen, sie befinden sich zudem in einer Kriegssituation, die das Sagbare weiter einschränkt. Für westliche Kommunismusforscher ist diese Entwicklung nach der Coronapause der nächste schwere Rückschlag, der die Forschungsarbeit erschwert. In der Ukraine werden durch russische Angriffe wertvolle Archivbestände zerstört. Wie können diese Quellen gesichert werden?

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